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Lebensraum Wiese

Das Wiesen-Schaumkraut (Cardamine pratensis) ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Schaumkräuter (Cardamine) innerhalb der Familie der Kreuzblütengewächse (Brassicaceae). Das Verbreitungsgebiet umfasst weite Gebiete der Nordhalbkugel. Es dominiert mit seinen weiß bis zart violetten Blüten ab Ende April bis Mitte Mai häufig das Erscheinungsbild nährstoffreicher Feuchtwiesen.

1620px Blume in Wildbad 07

Von J. Patrick Fischer - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=50226562

 

Erscheinungsbild

Das Wiesen-Schaumkraut wächst als überwinternd grüne[1]ausdauerndekrautige Pflanze, die Wuchshöhen von meist 15 bis 55 (8 bis 80) Zentimetern erreicht. Sie bildet ein relativ kurzes, mit einem Durchmesser von bis 5 Millimetern zylindrisches, knollig-verdicktes Rhizom als Überdauerungsorgan aus. Der aufrechte, unverzweigte Stängel ist im Querschnitt rund, enthält anfangs Mark und wird später hohl[2] und ist kahl oder im unteren Bereich spärlich behaart.[3][4]

Laubblatt

Die dünnen Laubblätter stehen in grundständigen Rosetten zusammen und sind wechselständig am Stängel verteilt; die Blattadern sind erhaben.[4] Die meist 2 bis 7 (1 bis 10) Zentimeter lang gestielten Grundblätter weisen eine Länge von 30 Zentimeter auf, sind einfach oder unpaarig gefiedert und besitzen zwei bis 15 Paare rundlicher Fiederblättchen. Die Endfieder der Grundblätter ist 1,5 Zentimeter lang gestielt und bei einem Durchmesser von 0,3 bis 2 Zentimetern kreisförmig bis breit verkehrt-eiförmig mit einer meist gerundeten, selten fast nieren- oder keilförmigen Basis, gewelltem Rand sowie einem gerundeten oberen Ende. Die Grundblätter besitzen auf jeder Seite ihre Rhachis zwei bis acht (bis zu 15 oder keine) Seitenfiedern, die höchstens gleich groß wie die Endfieder sind; sie sind gestielt oder sitzend, kreisförmig, eiförmig bis breit verkehrt-eiförmig mit gekerbtem oder gewelltem Rand. Es sind meist zwei bis zwölf (bis 18) kahle, kurz gestielte, 2 bis 17 Zentimeter lange, fiederteilige Stängelblätter vorhanden. Der gestielte oder sitzende Endabschnitt der Stängelblätter ist bei einer Länge von meist 1 bis 2,5 (bis zu 3,5) Zentimetern und einer Breite von meist 5 bis 8 (bis zu 10) Millimetern linealisch, länglich, eiförmig oder lanzettlich. Die Stängelblätter besitzen auf jeder Seite ihre Rhachis zwei bis acht (bis zu 15 oder keine) Seitenfiedern, die höchstens gleich groß wie die Endfieder sind; sie sind gestielt oder sitzend und herablaufend, in der Form ähnlich wie bei den Grundblättern und besitzen meist einen glatten oder selten gezähnten Rand.[3][4]

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Von H. Zell - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=9430022

Blütenstand

Die Blütezeit des Wiesen-Schaumkrautes erstreckt sich je nach Standort von April bis Juni oder sogar Juli. Die Blüten stehen in einem endständigen, traubigen Blütenstand zusammen,[4] jedoch entstehen am oberen Teil des Stängels häufig noch weitere kleine, traubige Blütenstände. Bei Regenwetter und Dunkelheit krümmen sich die Blütenstiele und die sich schließenden Blüten nehmen eine nickende Stellung ein.

Blüte

Die zwittrigen Blüten sind vierzählig mit der für Kreuzblütengewächse typischen Anordnung der Blütenorgane. Die vier aufrechten oder ausgebreiteten, grünen, freien Kelchblätter besitzen bei einer Länge von meist 3 bis 5 (2,5 bis 6) Millimetern und einer Breite von 1 bis 2 Millimetern eine längliche oder eiförmige Form mit häutigem Rand und die Basis der zwei seitlichen Kelchblätter ist sackförmig. Die vier freien, genagelten Kronblätter besitzen bei einer Länge von meist 0,8 bis 1,5 (0,6 bis 1,8) Zentimetern und einer Breite von meist 3 bis 7,5 (bis zu 10) Millimetern eine verkehrt-eiförmige Form und ein gerundetes oder ausgerandetes oberes Ende. Die Farben der Kronblätter reichen von selten weiß über meist weißlich und blass-rosafarben mit dunkleren Adern bis purpurfarben. Von den sechs Staubblättern besitzen die mittleren Paare 5 bis 10 Millimeter lange Staubfäden und das seitliche Paar 3 bis 6 Millimeter lange Staubfäden. Die gelben Staubbeutel sind bei einer Länge von (0,8 bis) meist 1,2 bis 2 Millimetern schmal länglich. Die Staubblätter ungefähr dreimal so lang wie die Kelchblätter sind. Das einzige Fruchtblatt enthält 20 bis 30 Samenanlagen. Der haltbare, meist gedrungene Griffel weist eine Länge von 1 bis 2,2 (0,5 bis 2,7) Millimetern auf.[3][4]

Frucht und Samen

Die dünnen, meist 1,2 bis 2,5 (0,5 bis 3) Zentimeter langen Fruchtstiele befinden sich aufrecht, aufsteigend oder fast spreizend an der Fruchtstandsachse. Die Schoten besitzen bei einer Länge von 2,5 bis 4,5 (1,6 bis 5,5) Zentimetern eine lineale Form und einem Durchmesser von (1,2 bis) meist 1,5 bis 2,3 Millimeter einen runden Querschnitt sowie kahle Klappen. Die hellbraunen Samen sind bei einer Länge von meist 1,2 bis 1,8 (bis zu 2) Millimetern und einem Durchmesser von 1 bis 1,4 Millimetern länglich.[3][4] Die Früchte reifen zwischen Juni und August.[4]

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Aufgesprengte Schote des Wiesen-Schaumkrautes
 

Das Wiesen-Schaumkraut ist ein Hemikryptophyt,[1] eine ausdauernde Halbrosettenpflanze mit dünnem, kriechendem Rhizom. Die Blattrosette ist oft wintergrün.

Blütenökologisch handelt es sich um „Nektar führende Scheibenblumen“ mit einem Übergang zu „Trichterblumen“. Nektar wird reichlich von kleinen Nektarien an der Fruchtknotenbasis abgesondert, er ist nur Bienen und Faltern zugänglich; Schwebfliegen ernten den Pollen. Die Blüten sind außerdem die wichtigste Pollenquelle der Sandbiene (Andrena lagopus). Wie auch bei anderen Kreuzblütlern sind die Narbenpapillen kutinisiert, sodass auf ihnen nur solche Pollenkörner keimen können, die auch Cutinase, also das Cutin auflösende Enzym produzieren.

Die Schoten springen bei Reife auf und verstreuen die einreihig angeordneten Samen. Das Wiesen-Schaumkraut nutzt damit eine Ausbreitungsstrategie, die man botanisch auch als Ballochorie bezeichnet. Das Wiesen-Schaumkraut gehört dabei zu den Saftdruckstreuern, die in der europäischen Flora im Gegensatz zu den Austrocknungsstreuern selten sind. Reifen die Schoten, steigt der Zellsaftdruck und die Wände der Schote schwellen an. Ist ein bestimmter Druck überschritten, reißen die Wände der Schote explosionsartig auf. Durch die dabei freigesetzte Energie wird der Samen bis zu 2,4 Meter weit verstreut.[5]

Das Wiesen-Schaumkraut ist ein Lichtkeimer/Hellkeimer.

Wenn grundständige Blätter des Wiesen-Schaumkrautes den feuchten Boden berühren, bilden sich häufig an den Ansatzstellen der Fiederblättchen wurzelnde Brutknospen. Aus diesen wachsen selbstständige Pflanzen heran. Mit dieser vegetativen Selbstausbreitung, die botanisch Blastochorie genannt wird, stellt die Pflanze eine Ausbreitung auch dann sicher, wenn die Standortbedingungen oder nasskaltes Wetter ein Ausreifen der Samenschoten verhindern.[5]

Synökologie

Die Blüten des Wiesen-Schaumkrautes sind sehr nektarreich und werden durch zahlreiche Insekten bestäubt.

Aurorafalter

Gemeinsam mit der Knoblauchsrauke ist das Wiesen-Schaumkraut die bevorzugte Nahrungspflanze der Raupe des Aurorafalters (Anthocharis cardamines). Der Aurorafalter, der das Wiesen-Schaumkraut auch als Nektarpflanze nutzt, legt seine Eier meist an den Blütenstielen ab. Die Raupen fressen an diesen Pflanzen bis Juli oder August, verpuppen sich zu einer sogenannten Gürtelpuppe und überwintern dann.[6]

Wiesenschaumzikade

Zu den gleichfalls auf dem Wiesen-Schaumkraut lebenden Insekten zählt die 5 bis 6 Millimeter lange und variabel gefärbte Wiesenschaumzikade (Philaenus spumarius). Wiesenschaumzikaden leben auf krautigen Pflanzen, deren Pflanzensaft sie saugen. Sie legen an ihren Wirtspflanzen auch ihre Eier ab, aus denen im April und Mai Larven schlüpfen, die gleichfalls den Pflanzensaft saugen. Durch Einpumpen von Luftbläschen aus der Atemhöhle in eine eiweißhaltige Flüssigkeit, welche die Larven aus dem After abscheiden, wird der Schaum erzeugt. Der Schaum schützt die darin sitzende Larve vor Feinden, erhält aber in erster Linie die für die Weiterentwicklung nötige Feuchtigkeit und Temperatur. Diese auffälligen Schaumnester sind auch an der Kuckuckslichtnelke und an Gräsern zu finden.

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Von Elke Freese - Selbst fotografiert, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1052204

Vorkommen

Das Verbreitungsgebiet von Cardamine pratensis reicht von Europa bis zur arktischen Klimazone in Nordasien und Nordamerika. Es kommt in Asien in JapanKoreaKasachstanMongoleiRussland und den chinesischen Provinzen HeilongjiangNei MongolXinjiang sowie westlichen Tibet vor.[3] In Nordamerika kommt Cardamine pratensis in Höhenlagen zwischen 0 und 1000 Metern in den kanadischen Provinzen British ColumbiaNew BrunswickNova ScotiaOntarioQuébec sowie in Neufundland und in den US-Bundesstaaten ConnecticutIndianaMaineMassachusettsMichiganNew HampshireNew JerseyNew YorkOhioPennsylvaniaVermont vor, dabei sind die meisten Populationen Neophyten aus Europa, aber es scheint auch Populationen zu geben, die ursprünglich in Nordamerika heimisch sind.[4]

Es ist dabei in diversen Biotoptypen zu finden. Es zählt zu den in Mitteleuropa häufigen Pflanzenarten.

Als Standort werden frische bis feuchte Fett- und Feuchtwiesen sowie Bruch- und Auenwälder der collinen bis montanen Höhenstufe bis in Höhenlagen von etwa 1700 Meter bevorzugt. Durch eine Bewirtschaftung feuchter Wiesen wird die Ausbreitung dieser Art stark gefördert. Auch in nährstoffreichen Stauden- und ausdauernden Unkrautfluren, an nährstoffreichen Gewässern, an Quellen und Quellläufen sowie in Hochstaudenfluren und Gebüschen der Gebirge ist das Wiesen-Schaumkraut anzutreffen. Es gedeiht in Mitteleuropa in Gesellschaften der Klasse Molinio-Arrhenatheretea, kommt aber auch in Gesellschaften der Verbände Aegopodion oder Alno-Ulmion vor.[7]

Gebrauch

Nahrungsmittel

Die jungen Blätter, die vor der Blüte gesammelt werden, sowie die jungen Pflanzen sind essbar und schmecken auf Grund des enthaltenen Senfölglykosids kresseähnlich und leicht scharf. Sie werden in Salaten, in Kräutersuppen, als Gewürz für Quark und Frischkäse sowie in Saucen verwendet.

Medizinische Anwendung

Wiesen-Schaumkraut enthält als Inhaltsstoffe SenfölglykosideBitterstoffe und Vitamin C. Das Öl des Wiesen-Schaumkrautes dient daher in der Dermatologie als Pflegecreme bei strapazierten und trockenen Händen.

In der Volksmedizin wird Wiesenschaumkraut-Tee gegen Rheuma und andere Schmerzzustände angewendet. Heilwirkungen beruhen vor allem auf dem enthaltenen Vitamin C sowie den Senfölglykosiden, die insbesondere auf Niere und Leber anregend wirken. Dieser Wirkung verdankt das Wiesen-Schaumkraut auch die volkstümlichen Bezeichnungen Bettsoicher, Harnsamen und Griesblümel. Weil die im Wiesen-Schaumkraut enthaltenen Wirkstoffe jedoch Magen und Nieren auch reizend beeinflussen können, sollte eine Anwendung nur in Maßen erfolgen.

Madaus zufolge finden sich trotz offensichtlicher Verbreitung der Pflanze kaum ältere medizinische Erwähnungen. Sie war im 16. Jahrhundert in Apotheken nicht gebräuchlich. Lediglich Dodonaeus kannte ihre Nasturtium aquaticum ähnliche Wirkung. Greding machte sie 1774 bekannter. Buchheims Lehrbuch der Arzneimittellehre von 1853/56 und Dragendorffs Die Heilpflanzen der verschiedenen Völker und Zeiten von 1898 nennen die Wirkähnlichkeit zu Brunnenkresse bzw. auch Meerrettich und Bitteres Schaumkraut bei Krämpfen der Kinder. Bohns Die Heilwerte heimischer Pflanzen nennt Chorea, hysterische Krämpfe und rheumatische Schmerzen, Dinands Handbuch der Heilpflanzenkunde von 1924 außerdem Unterleibsstockungen, Hautkrankheiten und Skorbut. Laut Schulz soll es bei Scharlachfieber benutzt worden sein. Eine blutzuckersenkende Wirkung bei Diabetes mellitus bestätigte sich nicht.[13]

Verwendung als Zierpflanze

Seit dem 17. Jahrhundert wird das Wiesen-Schaumkraut als Zierpflanze kultiviert, wobei auch eine Form mit gefüllten Blüten angeboten wird. Das Wiesen-Schaumkraut ist für Wildpflanzengärten empfehlenswert.

Sven Schwarz

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